Andersdorf
Vor langer Zeit gab es Andersdorf, ein Dorf, in dem nichts war, wie wir es heute kennen. Die Menschen dort lebten ein einfaches, aber schönes Leben.
Alles, was sie wirklich brauchten, war im Überfluss vorhanden. Auch gab es da niemanden, der über den Anderen bestimmte,
alle waren freundlich zueinander, halfen sich und lächelten sehr viel. Äußere Werte interessierten dort keinen, die Kinder spielten mit den bunten Edelsteinen,
Gold und andere Edelmetalle blieben im Boden. Sie waren unnütz, denn man konnte sie weder essen noch sonst irgendetwas mit ihnen machen, was wichtig gewesen wäre. Und Not gab es nirgends dort. Sie waren glücklich.
Eines Tages aber entdeckte Jemand von Außerhalb dieses Dorf. Dort wo er herkam, waren die Menschen ganz anders.
Sie waren innen sehr kalt, hart und habgierig. Nur was man besaß, zählte.
Da er ein schlauer Mann war, merkte er schnell, dass die Menschen in Andersdorf sehr gutmütig waren.
Und, noch etwas hatte er natürlich bemerkt - die reichen Bodenschätze.
Also beschloss er, sich zu nehmen, was möglich war. Er fragte den Ersten, der ihm begegnete: "Sag, wo ist euer Anführer?"
Verständnislose Blicke trafen ihn. 'Dumm sind sie auch noch,' dachte er bei sich. Mittlerweile waren viele Einwohner von Andersdorf stehen geblieben und hörten zu.
"Gut", sagte er, "Ich habe gesehen, dass ihr viel unnützes Zeug hier habt, das ihr nicht braucht und welches euch Platz wegnimmt. Seid froh, dass ich nun hier bin
und es für euch entsorgen kann." Verwirrt sahen sich die Bewohner an. Und einer fragte:"Zeug?"
"Ja, diese funkelnden und glänzenden Steine" erwiderte der Mann, bemüht freundlich.
"Oh", lächelte der Bewohner. "Du meinst die Spielsteine unserer Kinder und das hübsche Glänzen in den Böden. Nimm Dir ruhig etwas davon, wir brauchen es ja nicht."
Der Mann grinste und rieb sich innerlich die Hände. Seine Augen glänzten vor Gier.
Ganz so dumm, wie er dachte, waren die Einwohner von Andersdorf aber nicht.
Sie hatten sehr schnell bemerkt, dass der Mann, ebenso wie der Ort, von dem er kam fehlgeleitet sein musste. Sie kannten so etwas zwar selbst nicht,
aber rein wie ihre Herzen waren, spürten sie dies sofort.
Und, wie es bei guten, liebenden Menschen nun mal ist, wollen sie, dass andere Menschen ebenso glücklich sind wie sie.
Zudem verfügten sie über noch etwas: Die Gabe, Wasser mit Liebe zu versetzen.
"Eins solltest du aber wissen", sprach einer der Bewohner. "Alles, was du von hier mitnimmst, wird an dem Ort, an dem du lebst, etwas verändern.
Und, du wirst alles in dem Wasser transportieren müssen, was wir dir mitgeben."
"Ja ja, kein Problem", sagte der Mann ungeduldig. "Oh, und noch etwas", sprach der Bewohner weiter. "Schütte etwas von dem Wasser in jeden Brunnen jeden Ortes, durch den Du kommst. Auch in Deinen. Es wird genug sein, für alle Brunnen. Tust Du es nicht, wird alles wertlos."
Gesagt, getan. Der Mann nahm seine Schätze zufrieden an sich, lachte noch einmal insgeheim über die Dummheit und ging seiner Wege.
Weil er Angst hatte, dass seine kostbaren Güter wertlos werden könnten, hielt er sich an die Worte des Bewohners. In jeden Brunnen schüttete er also etwas Wasser.
Da aber ja alle Brunnen unterirdisch miteinander durch Flüsse und Meere verbunden sind, floss es auch an die Orte, deren Brunnen er nicht erreichte.
Die Menschen, die aus diesen Brunnen tranken, zu der Zeit gab es ja noch keine andere Möglichkeit sich Wasser zu beschaffen, wurden berührt von der Liebe des einen Wassers. Denn Liebe verbreitet sich ja sehr schnell und wird mehr, wenn man sie teilt.
Auch der Mann selbst, der ja unterwegs ebenfalls etwas trinken musste, verwandelte sich. Als er bei sich ankam, fühlte er sich wie neu geboren und die Steine waren plötzlich unwichtig und wertlos geworden.
So kam es also, dass ein kleines Dorf die ganze Welt infizierte. Mit Liebe und ihren guten, wahren Werten.
©Nadine Baum